Jagdrecurve

Der Jagdrecurve – Jagdbogen

Der Jagdrecurve oder auch einfach Jagdbogen zeichnet sich durch seine gewundenen Arme aus. Im Vergleich zu den Langbögen verfügen solche Jagdrecurves mit ihrer doppelten Biegung in jedem Arm über einen höheren Wirkungsgrad.

Ein solcher Bogenschaft hat den besonderen Vorteil, dass sich die Energie nach dem Lösen der Sehne schneller entladen kann. Mit dem historischen Reflexbogen hat diese Formgebung auch viele und schon sehr alte Vorbilder.

Solche Jagdbögen wurden bereits 6.000 Jahre vor Christus von Jäger- und Sammlerkulturen entwickelt. Im gesamten europäischen Raum finden sich entsprechende archäologische Befunde wie beispielsweise in Felsmalereien im spanischen Levante.

Entscheidend für die Einordnung in diese Bogenklasse ist, dass die Bogensehne an den Wurfarmenden (Recurves) aufliegt. Meist werden beim Bau eines Jagdrecurves auch ganz unterschiedliche Werkstoffe verwendet. Deswegen spricht man auch von einem Kompositbogen.

Verbessertes Schußverhalten eines Jagdrecurvebogens

Der Jagdrecurve zeigt gegenüber dem Langbogen ein etwas besseres Schußverhalten. Ein wichtiger Grund ist, dass die Sehne beim Schießen gleichmäßiger unter Zug steht. Deshalb überträgt sie die Energie schneller und flüssiger auf das Projektil.

Weil sich die Energie schneller entlädt, verbessert sich auch die Beschleunigung der Pfeile. Die flüssigere Beschleunigung reduziert die zwangsläufigen Schwingungen des Pfeilschaftes aufgrund der Stauchung durch die Kraftübertragung beim Schießen. Dies führt zu einer höheren Stabilität des Projektils und ermöglicht ein besseres Flugverhalten.

Insgesamt bietet sich so nicht nur ein präziseres Gerät zum Schießen. Der Schütze kann auch etwas flacher Zielen, was das Anvisieren über höhere Distanzen erleichtert.

Durch den besseren Wirkungsgrad des Jagdrecurves fällt nebenbei auch der Handschock geringer aus, weil der Bogen einen geringeren Anteil der Energie absorbiert. Außerdem schwingt die Sehne nach dem Schuss weniger nach, weil die Recurves schneller in die ursprüngliche Position zurückkehren.

Vorteile als Jagdbogen

Der Jagdrecurve ist gegenüber dem Langbogen aufgrund seines Schußverhaltens auch ein besserer Bogen für die Jagd. Insgesamt bietet er mit seinen Eigenschaften aber nicht nur eine höhere Präzision. Ein großer Vorteil dieser Jagdbögen ist, dass sie über eine vollwertige Pfeilauflage verfügen.

Heutzutage bietet der Deutsche Bogensport Verband (DBSV) eine eigene Klasse für den Jagdbogen. Bei Turnieren für Jagdschützen dürfen jedoch drei Bogentypen miteinander konkurrieren:

  1. Primitivbogen
  2. Langbogen
  3. Jagdrecurve

Gegenüber den anderen beiden Typen ist der Jagdrecurvebogen aber soweit überlegen, dass bei Turnieren fast alle Schützen auf eine solche Ausführung setzen. Eine Ausnahme bilden einzelne Personen, die für eine Mannschaft in einer niedrigen Liga schießen.

Einteilig oder Take-Down?

Moderne Ausführungen des Jagdbogens unterscheidet man zunächst zwischen den einteiligen Jagdrecurves und den dreiteiligen Take-Down-Bögen. Wie bei den olympischen Recurvebögen verfügen solche Modelle über ein Mittelteil und montierbare Arme.

Das erleichtert den Transport und ermöglicht auch den Wechsel zwischen Zuggewichten, ohne den gesamten Bogen tauschen zu müssen. Es gibt sowohl Steck- wie auch Schraubvarianten. Weltweit verbreitet ist das gängige und sehr praktische ILF-Stecksystem.

Einteilige Jagdrecurves haben den Vorteil, dass es wunderschöne Exemplare gibt. Die schwungvolle Eleganz hat gerade auf traditionelle Bogenschützen eine enorme Anziehungskraft.

Jagdbogen im Deutschen Bogensport Verband (DBSV)

Grenze zum Primitivbogen

Mit dem Primitivbogen gibt es eine weitere Klasse, mit der man auch bei Turnieren für Jagdbögen antreten darf. Für die Einordnung als Primitivbogen ist es entscheidend, dass nur natürliche Materialien verarbeitet wurden.

Aufgrund von Unregelmäigkeiten beim Wuchs von organischen Werktstoffen sind Primitivbögen jedoch hochwertigen Ausführungen der Gegenwart unterlegen. Darüber hinaus verändern sich im Laufe der Zeit die Werkstoffe aus der Natur auch stärker.

Wenn man einen primitiven Jagdbogen schießen möchte, braucht man deshalb sehr viel Gefühl für das Material. Insbesondere der Auszug verändert sich bei einer Sehne aus natürlichen Fasern stärker. Solche Bögen werden auch von der Umgebungstemperatur beeinflusst.

Grenze zum Langbogen

Mit einem Langbogen darf man ebenfalls auf Wettkämpfen von Jagdrecurves antreten. Man unterscheidet diese beiden Typen an der Frage, ob die Sehne auf dem Rücken der Arme aufliegen. Darüber hinaus finden sich häufig auch noch weitere Unterschiede.

Ein Jagdrecurve verfügt in aller Regel über ein Pfeilfenster wie auch über eine vollwertige Auflage für die Projektile. Darüber hinaus sind bei Jagdrecurvebögen meistens auch die Griffstücke deutlicher heraus gearbeitet.

Grenze zum Blankbogen

Mit einem so genannten Blankbogen darf man nicht mehr in der Klasse der Jagdbögen antreten. Der Grund ist die erlaubte Zusatzausstattung. Darüber hinaus ist eine spezielle Zieltechnik gestattet – das Abgreifen in der Sehne.

Beim Abgreifen, auch Stringwalking genannt, greift der Schützen nicht mehr direkt am Pfeilschaft in die Sehne. Je nach Distanz sitzt der Griff einige Millimeter tiefer, was das Zielen über die Pfeilspitze entscheidend vereinfacht und auch den Tiller verändert.

Außerdem darf man eine verstellbare Pfeilauflage in Kombination mit einem Button verwenden. Insgesamt handelt es sich zwar noch nicht um eine vollwertige Zielvorrichtung, aber dennoch erlaubt dieses Material sehr viel besseres Anvisieren.

Als weitere Modifikation in Abgrenzung zum Jagdrecurve ist das Anbringen von Gewichten unterhalb des Griffstücks erlaubt. Dabei gilt die Regel, dass der entspannte Blankbogen mit dem montierten Zusatzgewicht durch einen Ring von 12,2 cm passen muss.

Mit diesem Gewicht verlagert man den Schwerpunkt im Bogen. So kann man das Kippen nach dem Lösen beeinflussen. Dies ist sinnvoll, wenn man mit Fangschnur schießt.

Historische Jagdrecurves

Der moderne Jagdrecurve hat zahlreiche historische Vorbilder, die bis weit in die vorchristliche Geschichte zurückreichen. Im frühen und hohen Mittelalter fanden Jagdrecurves als gefürchtete Reiterbögen bei osteuropäischen Völker erneut eine weite Verbreitung.

Assyrische Schützen

Das assyrische Reich bestand von 1800 bis 600 vor Christus. Die militärische Stärke dieser Großmacht beruhte auf einer professionellen Armee, die über zahlreiche Bogenschützen verfügte. Diese wurden ganz unterschiedlich eingesetzt – von leicht über schwer gepanzerte Einheiten bis hin zu Schützen auf Streitwägen.

Auf historischen Darstellungen kann man dabei schon die charakteristischen Recurves an den Bögen erkennen. Dabei handelt es sich jedoch noch nicht um ausgeprägte Schwingungen im Bogenschaft.

Vielmehr befinden sich die Recurves an den Enden der Schäfte. Solche Biegungen können Bogenmacher beispielsweise durch die Erhitzung eines passenden Holzes erzeugen. Dieses wird dann an den Enden mit viel Druck über einer passenden Form gebogen.

Um 1200 vor Christus verbreiteten sich Pfeilspitzen aus Eisen im assyrischen Reich. Eine schwache Rüstung aus Bronze dieser Epoche konnte damit sehr gut durchschlagen werden.

Den assyrischen Bogenschützen wurde die Ausrüstung von der Armee gestellt. Dies wurde auch schriftlich quittiert. Nach ihrer Dienstzeit mussten sie das Material wieder zurückgeben.

Koreanischer Gak Gung

Auch in Korea wurde ein Jagdrecurve entwickelt, der Gak Gung, der „Bogen aus Horn“. Konkret handelt es sich um das Horn von Wasserbüffeln. Der älteste Beleg für die Verwendung eines solchen Bogens stammt aus dem 1. Jahrhundert vor Christus.

Der Gak Gung ist ein extrem flexibler Bogen und zeichnet sich durch seine fast kreisförmige Biegung im entspannten Zustand aus. Diese Elastizität erlaubt eine Reichweite von bis zu 350 Metern.

Erstaunlicherweise benutzten die alten Koreaner ebenfalls einen Daumenring zum Schießen. Ein solcher Ring wurde später auch für die osteuropäischen Reiterbögen verwendet.

Damit kann man den Auszug vom Mundwinkel bis zum Ohr erhöhen. So begleitet die Sehne das Projektil nach dem Lösen über eine längere Wegstrecke und kann dabei mehr Energie übertragen.

Bis heute wird das traditionelle koreanische Bogenschießen Gungsul betrieben. Dabei verwendet man lange Pfeile aus Bambus und schießt auf eine Distanz von 145 Metern.

Ungarischer Reiterbogen

Im Jahr 899 nach Christus begann eine lange Reihe von kriegerischen Auseinandersetzungen im Herzen von Europa, die als Ungarneinfälle bekannt wurden. Der Stamm der Magyaren zog immer wieder plündernd durch das Ostfränkische Reich.

Die Schlagkraft des Reitervolkes ging auf ihre gefährlichen Reiterbögen zurück. Dabei handelte es sich von der Form her um einen kurzen Jagdrecurve ohne Pfeilauflage. Diese Recurves wurden in einem sehr aufwendigen Arbeitsprozess hergestellt, der zwei Jahre in Anspruch nehmen konnte.

Entscheidend ist die Verwendung von unterschiedlichen Materialien wie Horn und Fasern. Die einzelnen Lagen wurden durch natürliche Kleber beispielsweise aus Fischleim verbunden. So konnte man einen sehr dynamischen Bogen bauen, der allerdings auch anfällig für Feuchtigkeit war.

Um die Lebensdauer dieser aufwendigen Waffen zu steigern, brachten die Bogenmacher deshalb häufig auch Sehnenbrücken auf der Rückseite der Bogenschäfte an. Diese verhinderten das Schnalzen der Sehne gegen die Wurfarme.

Eine weitere Besonderheit des ungarischen Reiterbogens ist, dass man nicht mit drei Fingern, sondern mit dem Daumen in die Bogensehne greift. Hierfür verwendet man zum Schutz für die Haut einen speziellen Daumenring.

Diese Technik ermöglicht es auch, den Auszug vom Mundwinkel bis deutlich hinter das Ohr zu erhöhen. Deshalb können mit dieser Art von Jagdrecurve auch längere Pfeile verschossen werden, die über eine höhere Durchschlagskraft verfügen.

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